02.02.23
17.11.19
20.07.19
summergirls
27.07.18
lilas haus, obergeschoss
es schneit. die flocken fallen vom himmel, als wäre das märchen von frau holle wahr geworden, und als wäre sie dort oben in ihrem haus, ebenfalls im obergeschoss, und würde ihr bettzeug ausschütteln. stundenlang...
sie muss sehr viele betten haben oder unmengen an bettzeug - ihre wäschetruhe muss immens sein.
der geruch von frischer farbe ist inzwischen verflogen. leider. farbe riecht normalerweise ziemlich streng, doch diese hier hat eindeutig nach brombeere gerochen und nach ein wenig blattgrün zuerst, als sie die wände noch grün hatte. brombeere ist es schliesslich doch geworden, aber die jahreszeiten ändern sich und mit ihnen auch das aussehen der zimmer. sie dachte gerade daran, ihre zimmer immer den jahreszeiten anzupassen. nette idee, aber vielleicht würde sie sie auch so belassen. sie fühlte sich inzwischen schon richtig heimisch, daran konnte auch die virtualität des hauses nichts ändern. alles war...wie in ihrem echten haus, das sie sich wünschte. manchmal dachte sie, es würde tatsächlich schon auf sie warten, irgendwo da draussen, ans ufer eines flusses geschmiegt, ganz nah am wasser, nur ein paar schritte entfernt. mit diesem irren, geheimnisvollen garten, den alten bäumen und den Liedern der jahreszeiten, denen sie lauschen würde, stetig und endlos, sorglos, frei.
endlich frei. frei zu sein ist erst möglich, wenn man aufhört, darüber nachzudenken, kam ihr in den sinn, und so gesehen sind wir wohl alle unfrei, denn wir reden ununterbrochen davon, und träumen davon, von der freiheit, doch wer wirklich frei ist, ist es einfach, und er denkt wohl nicht darüber nach, und träumen...wovon träumen freie wesen? was kommt nach der freiheit, wenn man seinen traum endlich lebt? erfüllung wahrscheinlich.
früher hatte sie immer angst gehabt vor dem ende der träume, doch jetzt war sie sich mit einemmal nicht mehr so sicher. gut, sie hatte das ganze wohl eher negativ gesehen - das ende der träume wäre dann das ende der poesie, der musik und kreativität gewesen, also eigentlich der untergang der welt, die apokalypse, das verschwinden im grau, die auflösung und auslöschung.
dass es da noch einen positiven aspekt geben könnte, war ihr damals nicht eingefallen. das ende der träume ist die erfüllung derselben. und was kommt dann? endlose erfüllung und zufriedenheit. sie wünscht es sich, und die endlosigkeit sieht auf einmal so freundlich aus, heimelig, und so gar nicht schrecklich.wer endlos sein möchte, denkt sie, muss herausfinden, wie er dieses endlose leben verbringen möchte, wie er endlosigkeit ertragen könnte, ohne daran zu zerbrechen.man muss die wärme des herdfeuers in sich finden, das nachhausekommen,das zurückfinden in sein haus. und es muss schon hier geschehen! das ist wichtig, denkt sie - das haus muss schon hier gestalt annehmen, es muss ein festes fundament bekommen und dicke mauern, die das wesen dahinter schützen und bergen, wie den kern in einer nussschale.
wovon träumt jemand, der frei lebt? sie denkt, dass dann erst platz frei wird für die richtigen träume,
die sich dann unbelastet an die oberfläche des bewusstseins drängen. man wird sehen....
01.07.18
die entdeckung des baumhauses
das baumhaus ist endlich entdeckt worden!
lila ist gerade dabei, den kuchen für die einweihungsfeier zu backen. in der küche duftet es verführerisch nach germteig, und sie sitzt gerade am küchentisch, sieht in den dunklen garten
hinaus und stellt sich vor, wie es wohl sein mag, dort oben zu sitzen und über's land zu schauen....
das baumhaus wartet schon lange darauf, dass es bemerkt wird. es ist älter als das haus und mit dem baum völlig verwachsen. seine wurzeln reichen bis tief in den boden und mit seinem dach berührt es den himmel. es ist der geeignete ort für zusammenkünfte der besonderen art, ähnlich einem stammeshaus in einer der alten kulturen. ein ort für besondere gespräche. es ist hochgradig mit erdenergie aufgeladen und arbeitet wie ein kraftort. darunter hört ihr die erde manchmal brummeln, einen unterirdischen fluss rauschen, ihr hört, wie kristalle weit unter der erde wachsen und ihr seid hier dem licht der himmelskörper am nähesten.
eine treppe, die gar nicht mal ungemütlich zu erklimmen ist, führt zu einer niedrigen tür.
öffnet ihr sie und seht ins innere des baumhauses, stellt ihr fest, dass ihr im innenraum gerade stehen könnt - der innenraum ist höher als es die tür vermuten lässt.
es befinden sich einige gegenstände im haus, die ihr momentan noch nicht erkennen könnt.
es ist relativ dunkel hier drin, aber die dunkelheit wirkt tröstlich und einladend.
bei den zusammenkünften wird es genügend licht geben, um die gesichter der hier versammelten zu erhellen. niemand bleibt ganz im dunkeln, es sei denn, der jemand will es so. auch für diejenigen, die gerade verletzt sind und lieber ganz am rand sitzen wollen, an der wand des hauses, gibt es sitzgelegenheiten.
beim ersten rundblick seht ihr einen teil von lilas mineraliensammlung - alles steine, die draussen sein mochten, die sich im haus nicht entfalten konnten. ihr seht viele kristalle in ihrer ursprünglichen form, alles bizarr anmutende blütenähnliche formen. sehr viel rauchquarz ist darunter, feenhaar schimmert in der kristallinen umhüllung, die steine strahlen eine beinah unwirkliche reinheit aus.
hier gibt es nur wasser zu trinken. quellwasser, das ein wenig nach stein und erde schmeckt. es wird euren geist schärfen und eure körper erfrischen, damit die zusammenkünfte zu klaren und reinen erkenntnissen führen werden.
hier ist der ort, an dem über spirituelle, religiöse und auch okkulte themen gesprochen wird.
der ort ist alt genug und verfügt über genügend innere balance und stärke. hier zerbricht nichts.
im gegenteil. es ist wichtig, zu wissen, dass man hier willkommen ist, über alles zu reden, auch über themen, die sonst nie angesprochen werden. dinge, die man eventuell verschweigt, weil man angst hatte, aus welchen gründen auch immer. hier wird die angst wie alles, was giftig ist, sofort in die erde geleitet und dort aufgelöst. es ist übrigens auch möglich, allein hierherzukommen und zu meditieren. oder einfach nur zu übernachten - das haus ist sehr hoch oben und man fühlt sich hier dem himmel nahe und geborgen. die träume werden gute träume sein.
die gespräche sollen folgendermassen geführt werden:
mit respekt
unvoreingenommen und ohne kulturelle oder religiöse unterschiede
begegnet dem weltengeist mit liebe
wer hilfe sucht, dem soll hilfe zuteil werden.
wer schutz sucht, wird schutz finden.
wer krank ist, dem soll heilung widerfahren.
wer trauert, soll getröstet werden.
wer liebe sucht, der wird liebe finden.
wer fragen hat, wird mit dem gesammelten wissen aller anderen bedacht.
das wissen des einzelnen soll allen dienen.
und auch der, der hasst, soll respektiert werden.
die kräfte des hasses sind nur irregeleitete kräfte des lichtes.
08.02.15
heimkommen
...und ich hätte es fast vergessen. mein haus an der küste des meeres, von dem ich so oft geträumt habe in den letzten jahren.. irgendwann war es nicht mehr da. die träume wurden weniger und verschwanden schliesslich ganz.
doch ganz plötzlich begann es erneut, nur war es diesmal anders. völlig anders.
diesmal begann das haus von mir zu träumen. es träumte von mir, als wäre ich sein grund, zu existieren.
ganz plötzlich tauchte es aus dem nebel auf, so wie immer wenn ich es dringend brauche
und ich hoffe so sehr, dass es nie wieder verschwindet. ohne das haus, das blueberry hollow heisst, werde ich ein schatten, ein trauriger geist, als hätte ich kein zuhause mehr.
24.08.14
ich habe mich nun endlich dazu entschlossen, dieses blog weiterzuführen. vieles von dem, was wir uns wünschten und erträumten, ist nicht eingetroffen und ich war verletzt, wütend auf das leben, das sich oft nicht so gestaltet, wie wir es gerne hätten (wie wir es dringend bräuchten!!) und ich wollte nicht mehr. ich wollte den weg zu meiner seele nie mehr aufmachen, denn ich selbst wollte meine seele nie mehr spüren. alles, was früher silbrig und frisch und kristallen war, war plötzlich blutig und wie eine eiternde wunde, die von tag zu tag immer mehr schmerzt. ich denke, der weg, den ich vorhabe zu gehen, ist der richtige. wenn man eine wunde, die nicht mehr heilen kann, unter einem verband versteckt, damit man sie nie wieder sehen muss, kann nur eins passieren, nämlich dass die wunde immer grösser und schmerzender wird. genauso verhält es sich mit seelischen verletzungen. niemals etwas verbergen - munter ans licht mit den problemen.
mein eigentliches problem war das leben selber. die beschaffenheit des lebens. die zeit, die plötzlich dahinrast und verhindert, dass wir wie früher die welt und auch uns gegenseitig liebevoll und mit bedacht betrachten. wir waren plötzlich gestresst, erwachsen und von trauriger gestalt.:) aber nicht mit uns.
ich hatte die kommentare für ganz lange zeit abgestellt. wollte nichts mehr hören und sehen. niemanden kennenlernen, mit niemandem reden. naja, vielleicht gibt es ja irgendwann wieder nette gespräche mit netten menschen, die hierhergefunden haben. irgendwann. irgendwann sicher. es würde mich freuen. wir setzen uns einfach vors haus und schauen auf den blitzenden ozean. erzählen uns geschichten, träumen zusammen, lachen zusammen. was gibt es besseres? ich freue mich auf die nächsten jahre. auf das, was kommt.
18.08.13
versteinerte muscheln
heute kann man an den hausmauern noch genau sehen, wo einmal die wasserlinie war.
eine graue linie , ungefähr 20 cm über dem boden, darunter ist das mauerwerk eine spur dunkler als der rest. hellgrau mit kalkigen rückständen von muscheln, die sich damals auf der hausmauer festgesetzt hatten
weisse winzige kalkstücke, die wie stuck aussehen
und auch im garten kann man noch versteinerte muschelgehäuse finden,
wir sammeln sie und legen sie in die grosse schachtel, die wir am flohmarkt gekauft haben
und die jetzt im wohnzimmer ganz oben auf dem kasten steht
31.01.12
so auch jetzt. sie war todunglücklich zurück in ihr haus gekommen und fand sich nicht mehr zurecht. am besten war es, wenn sie in den sicheren mauern des hauses tief und fest schlief. man kann sich die schmerzen oft einfach wegschlafen, dachte sie. aber zuerst wollte sie noch ein märchen hören. ein märchen aus einer alten .. sehr alten .. zeit. damit sie einschlafen konnte. sie ging hinauf in ihr schafzimmer und legte sich ins bett, dessen laken weich und angenehm kühl auf der haut waren. als sie die augen schloss, sah sie einen wald vor sich. einen sehr dunklen wald, jedoch mit einer kleinen bauernhütte davor, die heimelig und gemütlich aussah. sie begann, langsam auf das haus zuzugehen...
draussen trieb der nordwind die wolken über den himmel wie ein ungeduldiger schäfer seine herde. seine blassblauen augen hefteten sich für einen moment auf das haus blueberry hollow, das gerade dabei war, sich für die nacht fertigzumachen. da sich jedoch keine wäsche auf der wäscheleine im garten befand, an der er zupfen und zerren konnte, machte er sich eine spur enttäuscht auf den heimweg.
22.10.10
wenn träume real werden...sterben sie?
ist es nicht seltsam, dass man, wenn man träume wahr macht, diese träume für immer verliert? vielleicht ist es gar nicht mal so seltsam. bei mir war es immer das meer. ich habe nicht gemerkt, dass ich mich nicht nach einer bestimmten, hier bekannten destination sehne. ich verband die träume immer mit den wunderschönen bildern, die ich oft im netz betrachte, und irgendwann machte ich diese träume daran fest. ich dachte, ja.. dorthin fahren.. und dann habe ich einfach alles, was ich möchte. ich war in cornwall, diesen sommer. geträumt habe ich ja genug davon. ich war dort und war ernüchtert. es ist eine traumhaft landschaft, ja. noch schöner als auf den bildern. und trotzdem: ich war oft in diesem zimmer mit dem besten ausblick (man kann von dort aus direkt auf's meer sehen), habe geschaut und geschaut..und es war nichts da. gar nichts. weder in mir noch da draussen, denn ich bin meist der spiegel einer landschaft. und ich wollte weinen, doch es war auch das unmöglich. ich wurde müde vom schauen und warten. so habe ich sehr viel geschlafen, in diesem cottage am meer. oft ganze nachmittage lang, nur geschlafen.
cornwall war einer dieser träume, die irgendwann an substanz verloren, als sie real wurden. es war einfach nur schön. doch ist einfach nur schön genug für das, was ich erwartet hatte?
jetzt bemerke ich, dass sich ein traum wieder in den vordergrund drängt, als hätte er gewartet, dass ich bestimmte dinge erlebe, um sie danach in eine der vielen schubladen in meinem hinterkopf zu verbannen, wie so viele wahrgemachte wünsche, die diesem wunsch, cornwall einmal zu sehen, vorangegangen sind. ich beginne, mich wieder auf den ursprünglichen traum einzustellen. er wird gröser, gewinnt an substanz und stärke.
ich sehe ein kleines haus an der küste des meeres. nicht irgendeine küste, wie ich jetzt weiss. und nicht irgendein haus. ich sehe keine lebende seele, doch ich kann mädchenlachen hören. vom meer her kann ich sie hören, und wenn ich mich wirklich auf diesen traum einlasse..ist es gefährlich, sich darauf einzulassen? ist der traum selbst gefährlich?...ich weiss es noch nicht, aber ich werde es sicher herausfinden...wenn ich mich darauf einlasse, sehe ich im licht, das auf den wellen blitzt, etwas, das wie menschliche wesen aussieht. ganz weit weg, doch ich denke, sie sind real, sie müssen es sein, ich muss real sein, ich muss wieder real werden. jetzt komme ich zum punkt. ich muss real werden. wieder ich selbst. fühlen können. nicht diese leere spüren, die sogar verhindert, dass man weinen kann.
ich möchte tief schlafen, in diesem haus an der küste. in den weissen laken aufwachen und durch das kleine fenster sehen, das zum meer hinausgeht. ich möchte die spur von kleinen füssen sehen, die zum wasser hinabführt. und die das meer verwischt. ich möchte nach hause.
ich sehe zu den mädchen hinüber und fühle erleichterung, als hätte ich schmerztabletten genommen. die absenz von schmerz bzw. leid. ein aufatmen.
ist es nicht so, dass der gesang einer meerjungfrau nicht nur in den tod lockt, sondern auch heilen kann?
15.09.10
grau
es regnet. erst jetzt bemerkt sie das viele grau. im gegensatz zu ihren mitmenschen lächelt sie. es ist auch in ihr, das viele grau, in allen schattierungen, in allen stimmungen. versonnen zündet sie sich eine zigarette an. es ist kühler geworden, sie muss alle fenster öffnen, um das grau hereinfliessen zu lassen, es über ihre möbel kriechen zu sehen, den regen zu hören. grau in wellen, in ihrem zimmer, auf ihren büchern, auf stühlen, dem tisch, dem bett. ein grauer weicher teppich zu ihren füssen.
die wände der räume zerfliessen zu transparenten regenfarben, die regenvorhänge vor ihrem fenster bewegen sich im luftzug, verhängen perlenschwer den blick nach draussen, ihre lider werden schwer, ihr kopf sinkt zurück auf seidene kissen, in goldenen ornamenten verträumt sie die zeit, zurückgelehnt und nachlässig entspannt, die hand mit der zigarette leicht auf der stuhllehne ruhend, die grauen kringel und wirbel des rauches beobachtend. es flüstert..sie lauscht, lächelt...nur regen und grau und altgoldene ornamente aus alter, alter zeit... und sie, endlich zuhause...
20.12.09
das baumhaus
sommerhaus, kristallhaus, lufthaus, ein schiff
wartend auf die langen, lichten abende, das licht, das sich grün flirrend im inneren sammelt
es gibt die bunten steine noch und die alte treue sturmlaterne, die an die küste erinnert
und das haus birgt einiges vom ozean und der küste, in schachteln und sammelmappen - karten, vergilbte fotos und briefe, bilder auf karton geklebt, fläschchen mit feinem hellen sand und muschelresten, eine muschelkette, aufgefädelt auf einer schnur, von der zum teil nur noch fasern übrig sind, hängt am fenster
die muscheln schimmernd in rosa und perlmutt, je nach lichteinfall auch in zartem violett und wasserblau
ein hölzernes klangspiel daneben für den verspielten sommerwind
ein strohhut auf dem obersten brett des regals...
und stimmen, von freunden, die vom meer erzählen, unentwegt...ein murmeln und raunen
flüstern und tuscheln, ihr atem begleitet mich.
ein geheimnis, das das haus behütet
manchmal setzen sich möven in die krone des baumes
lilas haus
das gras ist noch grün-braun, dazwischen schimmern weisse steine. wir hatten viel spass in diesem haus , schiesst ihr durch den kopf, eine wunderschöne zeit zusammen, und dann bin ich fortgezogen und hab den schlüssel im terrakotta-blumentopf vergraben, ganz unten bei den wurzeln müsste er sein.
eine hand steckt tief in der erde und berührt nur das flechtwerk von abgestorbenen wurzeln. silbergrau müssten sie sein, denkt sie, silbergrau und ein bisschen wie das spinnenmoos vom schlossgarten, ein bizarres wurzelgeflecht, bis zum boden. sie findet den schlüssel nicht! ein sonderbares gefühl in der magengrube, etwas flau, er muss doch da sein, er muss, er muss. sie gräbt ihre hand tief ins wurzelwerk und berührt etwas hartes, doch es ist nicht kalt wie metall, sondern angenehm, als würde sie eine andere hand fassen. der alte schlüssel, verborgen und umwachsen von wurzeln wie in einem versteck, einer schatzkiste. es fällt ihr schwer, der pflanze den schatz zu entreissen und sie macht es vorsichtig, ganz sachte. die wurzeln machen ihrer hand so freiwillig platz, als würden sie sie erkennen. dann liegt er endlich in ihrer hand und sie betrachtet ihn lange, bewundert sein gewicht, das gewicht von vielen jahren, mehr noch als ein schlüssel aus schmiedeeisen, ein symbol. ein zeichen, dafür, dass alles wieder ins lot gekommen ist , murmelt sie. ja, ganz einfach, dass alles wieder ganz ist und nicht kränkelt oder halbherzig ist oder kalt.
sie hat plötzlich sehnsucht nach gartenarbeit oder stundenlangem verweilen im gewächshaus, nach der zwiesprache mit pflanzen und tieren und nach besuchern, so wie früher. ganz verhindern kann sie nicht, dass ihr jetzt die tränen kommen, heiss rinnen sie über ihre wangen und machen sie blind. sie setzt sich kurz auf die stufen und legt den kopf auf ihre knie. die ganze zeit hält sie den schlüssel fest in ihrer hand. nach einiger zeit ist alles heraussen, viele tränen, die sie endlich weinen musste, und manchmal weint man, wenn man das ziel einer langen reise erreicht hat, man weint aus erschöpfung und erleichterung, denn lange reisen sind doch extrem anstrengend, für körper und geist.
nach einiger zeit steht sie auf und wendet sich der tür zu, der geschnitzten grünen tür mit den mustern von blüten und blattwerk.
es ist wirklich zeit, dass du kommst , murmelt eine stimme so leise, dass sie nicht weiss, ob sie aus ihrem inneren kommt oder aus dem blassblauen sonnigen herbsthimmel, es ist höchste zeit . sie denkt an viele bunte tage, an eine zeit, die sich endlos vor ihr ausstreckt, nach weinen ist ihr nicht mehr.
sie steckt den schlüssel ins schloss und betritt ihr haus.
heimkommen
es riecht angenehm. so angenehm, als wäre schon gelüftet worden. sie hatte angst gehabt vor dem muffigen geruch eines verlassenen hauses, doch ewas sie jetzt riecht, ist bienenwachs von möbelpolitur und frische luft. in der küche steht ein grosser blumenstrauss in einer vase. die blumen sind ganz eindeutig frisch, und das wasser, in dem sie stehen, ist glasklar.
natürlich ist es seltsam, doch an solche dinge ist sie inzwischen schon gewöhnt, von früher. damals passierten immer dinge, die sie nicht erklären konnte. die möbel glänzen wie frisch gebohnert, kein bisschen staub, kein bisschen alter, nichts davon. auch vor staub hatte sie angst gehabt. sie mag staub ja ganz gern, und spinnweben, und korrosion, aber gerade jetzt hätte es sie bekümmert. verlassene dinge mit ihrer eigenen traurigkeit, les choses inconsolables, die untröstlichen dinge. verlassene gegenstände, die allein auf der welt sind und die niemand mehr liebt, obwohl sie geliebt wurden, vor langer zeit. und an diese liebe erinnern sie sich und sie trauern, weil sie wärme suchen, die ihnen kein mensch mehr gibt. die untröstlichen, verlassenen dinge, die keine seele haben, wie menschen oberflächlich dahinsagen, und die sich aneinander klammern und dennoch keinen trost finden, nur in der menschen obhut.
sie nimmt sich vor, einige davon zu finden und sie hier zu beherbergen. vielleicht gibt es auch für verlassene dinge einen neubeginn?
in ihrem haus gibt es keine untröstlichen dinge. nur dinge, die gebraucht werden, geliebt und immer wieder verwendet, und wenn sie keinen verwendungszweck haben, dann sieht man sie einfach nur an und und nimmt ihre schönheit wahr, ihr eigenleben, wenn man in die tiefe blickt. man nimmt ihre geschichten auf, die reicher machen. immateriell steinreich sind wir hier , murmelt sie, und wie glücklich wir hier immer waren, in unserem immateriellen reichtum, wir könnten tatsächlich noch etwas davon abgeben, so viel haben wir hier, so unendlich viel. nicht nur genug zum leben, sondern mehr noch, wir haben im überfluss.
dinge, die geliebt werden. ein herz, das nicht nur schlägt, weil es muss. hände, die von gartenarbeit manchmal spröde sind. müdigkeit, die nicht von innen kommt, sondern vom arbeiten draussen im garten oder in der küche. schlaf, der tief ist und träume, die nicht zerstören. wir haben freunde hier, ja, gute freunde. wir reden und lachen und sitzen um den küchentisch und wir reisen durch zeit und raum zusammen, in unserer fantasie. wir haben geschichten. mehr als genug. und hier weint nichts verzweifelt vor sich hin und ruft im traum nach geliebten menschen und nur ein bisschen wärme, nur ein winziges bisschen. nie soll es so sein. nie, über die zeit hinaus, nie, über zeit und raum hinaus.
hier gibt es keine blinden fenster. blüten ranken herein wie ein augenzwinkern, ein lächeln, ein kinderlachen. sterne blitzen wie lichtgesang, murmelnde stimmen, vom wasser, vom fluss, den baumwipfeln her, manchmal tost und braust es, der wind, der weltengeist und wir schmiegen uns in die falten seines mantels und hören seinen gesang, der in unserem inneren widerhallt bis wir mit ihm verschmelzen, dem grossen geist aller welten, der uns lehrt, zu lieben und zu trösten, so wie er es immer getan hat und tun wird. wir sind glücklich hier im haus, denn nichts weint um uns herum. die stimmen erzählen vom glück, zu leben.
sie lässt ihren kopf auf die tischplatte sinken und schläft sofort ein. und sie träumt davon, in ihrem haus am küchentisch zu sitzen, den kopf auf die tischplatte geschmiegt, und zu schlafen.
02.12.09
vom haus blueberry hollow, dem nordwind und einer verzauberten nacht
ganz plötzlich, unerwartet, tauchte das haus auf. es lag irgendwo in diesem weiten feld aus milchigem licht. ein winziges haus, das blueberry hollow hiess. viele würden einfach daran vorüber gehen und die details gar nicht beachten. blaue fensterläden, muschelweissgekalkte mauern, buntes glas auf den fensterbänken, das im mondlicht glänzte. es war ein kleines haus irgendwo an der küste des meeres und es existierte schon sehr lange. und es war ein mutiges haus, das so manchen stürmen getrotzt hatte. was man auch sehen konnte, wenn man genauer hinsah. einige undichte stellen am dach, die repariert werden mussten. übrigens...das dach. ein eigenartiges dach. der wind hatte pflanzensamen mitgebracht und an einigen stellen wuchsen gras und wilde blumen aus dem dach. der wilde nordwind war ein guter freund des hauses blueberry hollow. er brachte geschichten aus der ferne mit und manchmal streichelte er das haus sachte. vorsichtig, wie um sich für seine wilde art zu entschuldigen. er brachte die sehnsucht mit sich und berichtete von dingen, die sich die bewohner des hauses niemals hätten vorstellen können. darum hatten sie für ihn, den nordwind, ein windspiel gebastelt und im fenster unter dem dach befestigt. es bestand aus kleinen glöckchen und buntem glas, aus holz, knochen und ton und wenn der wind ging, an warmen sommertagen, vermischte sich der warme weiche klang von holz mit dem klappern von knochen und dem klirren und klingeln von glas und metall. es war die musik, die der nordwind machte. mit seinen windhänden und den langen windfingern fuhr er vorsichtig in das windspiel hinein und entlockte ihm fragile, wundersame töne.
und manchmal konnten ihn die bewohner des hauses auch sehen, einen grossen spindeldürren mann mit langem weissen haar und eisblauen augen, in denen sterne tanzten. einen wilden mann mit wildem haar und schneeweissem gesicht und hohlen wangen. er hatte freude an musik und an kerzen, die er ausblasen konnte. und er liebte wäscheleinen und offene fenster und türen. er war unbeschreiblich neugierig und kehrte gern das unterste zuoberst. als naher verwandter der eisheiligen waren ihm kälte und schnee besonders sympathisch. obwohl er die dicken schneewolken gelegentlich gern über den himmel jagte, liebte er es, bei dichtem flockenfall auf der erde zu kauern und nach oben zu starren, wenn sie aus dem dunklen himmel schwebten.
manchmal war er schuld daran, dass die bewohner des hauses in ferne länder aufbrachen, weil sie das fernweh plagte. doch meistens genügte es ihnen, seinen geschichten zu lauschen und ab und zu einige davon aufzuschreiben.
heute jedoch war mond und früher morgen, und einigermassen windstill. blueberry hollow erwachte langsam und schüttelte den letzten rest der nächtlichen traumgespinste ab.