03.08.18

das lied des gartens


im schwirren von insektenflügeln, rascheln und krabbeln schien ein wispern zu liegen, sätze
bildeten sich, um unbeantwortet im blau des himmels zu vergehen, ein ewiger monolog eines
wesens, das es vorzog, unsichtbar zu bleiben. hunderte von insektenflügeln formten diese
stimme, flügel, die auf-und zuklappten, flatterten, trocken knisterten wie dürres laub.
insektenbeinchen, die eifrig und rastlos krabbelnd sätze auf die erde schrieben und sofort
wieder auslöschten, als dürfe der monolog nie unterbrochen werden. im flüchtigen weiss
der wolken ruhte die stimme, gebettet in das blau des himmels, sie bebte und zitterte in
den windgebeugten wipfeln der bäume und schluchzte im grau und stetig fallenden regen des
herbstes. und sie sang im winterlicht. einen hohen, sternförmigen ton im gleissenden
kristall, dessen kälte brannte.
die töne der stimme zeichneten gebilde und formen in luft und wasser, malten bilder auf die
erde, die töne waren farbig, tönende spiralen und schleifen durchzogen die luft, kreiselten
auf der blauen leinwand des himmels, farbtöne liefen einzeln oder vermischt in die leinwand,
bis sich luftige gebilde zu körpern wandelten.

sprachlos, endlos...
doch nie erschien ein menschliches wesen an diesem ort. und so war dieser ort durchsichtig
geworden. wie ein spiegel, der kein abbild wiedergab, sondern das darunterliegende frei-
setzte. da war nur die stimme, der ewige monolog in einer fremden, den menschen nicht mehr
vertrauten sprache, das lied des gartens.

ich bin in allem was ist
vergiss nicht, dass in allem,
was ist, ich bin
                                                                     


lila, 11.6.2001


02.08.18

cloud poetry







nature haiku