09.11.13

winterfest


küstenlogbuch | vorbereitung auf den winter


die ersten schneeflocken waren gefallen, zwar war nichts liegengeblieben, aber der richtige schnee würde bald kommen, das war sicher. und dann die winterstürme, die die wellen zu bergen auftürmen würden, zu eisgrauen, kalten bergen. er liebte das meer, auch wenn es wild und bedrohlich aussah und er mochte auch den wintersturm und den graupeligen eisregen, der die haut wie mit tausend nadeln sticht. heute war ein klarer tag. man konnte in die weite sehen. endlos, wie in einen blauen spiegel, der am rand jedoch eine leichte aschgraue färbung angenommen hatte. funkelndes blau, an den rändern grau. lichtgrau, so typisch für diese gegend, ein phänomen für sich. auch darum liebte er diese gegend, wegen dem licht...wegen den lichtern.

sein herz war heute weit wie der horizont. er freute sich auf das, was noch kommen würde, es würde viel sein, fast zu viel für einen wie ihn...der das alles nie im leben erwartet hatte. natürlich hatte er gehofft. dass die kleinen träume, die für ihn schon zuviel waren, wirklich werden würden, aber er war eigentlich immer davon überzeugt gewesen, dass man nicht zu viel träumen darf. damit man nicht aufwacht und feststellt, dass man traurig geworden ist. die einstellung seiner grosseltern, die er für sich übernommen hatte. und dennoch drängten manche träume empor, als würden sie ein eigenleben annehmen.

wie ebbe und flut sind die träume, dachte er. es gibt zeiten, da drängen sie empor, als würden wellen an einen strand rollen. dann gibt es die kargen zeiten, wo sie sich zurückziehen und den träumenden fröstelnd und traurig zurücklassen. so war es einfach. nichts konnte man daran ändern. vielleicht waren die zeiten der ebbe nötig, so wie es die zeiten der flut waren. zur klärung. reduktion als klärung der gedanken und wünsche. was dann noch übrigbleibt, ist tatsächlich wahr. beide zeiten haben sinn, dachte er und hielt instinktiv ausschau nach seinem alten freund, dem einsiedlerkrebs, dem er solche dinge zu erklären gewohnt war. der junge liess sich heute aber nicht blicken. wahrscheinlich bereitete er sich ebenfalls auf den winter vor. er sollte es ihm gleich tun. nun ist wohl flut, dachte er, die träume kommen zurück, einige davon. andere sind wohl für immer verschwunden. und er wusste nicht mal mehr, welche es waren. er fühlte sich nur erleichtert. so, als wäre viel unnützer ballast von ihm genommen worden.

er warf einen kurzen blick zurück zum haus, das einladend aussah. die fenster blinkten in der wintersonne, als würde sie zwinkern. zeit für einen heissen kakao.
er verstaute sein kleines blaues boot unter der plane, überprüfte noch einmal, ob sie gut festgezurrt war und ging dann zurück zum haus.

in der küche war es warm und der kakao dampfte vor ihm. er sah lächelnd aus dem fenster und war zufrieden. der winter konnte kommen.