08.09.19

die beseitigung des krötenkoffers


sie war vor langer zeit abgereist
hatte den schlüssel 2 x umgedreht, das sicherheitsschloss versperrt und war mit einem koffer, der viel zu schwer war, langsam in richtung bahnhof verschwunden. lauter dinge, die sie nicht brauchen würde, hatte sie mitgenommen. die wertvollen dinge hatte sie in dem haus zurückgelassen, fest verschlossen und gesichert. den kram im koffer würde sie jahrelang mitschleppen. du schleppst dieses zeug so lange zeit mit und ächzt und stöhnst unter dem gewicht der sinnlosen dinge, aber solltest du wieder nach hause fahren, woran ja kein zweifel besteht, kehrst du in ein haus zurück, das frei ist von solchen dingen. es sei denn, du nimmst dieses ungetüm von koffer mitsamt dem unfug, der drinnen haust, wieder mit nach hause.
nein.
das würde sie auf keinen fall tun.
das ungetüm von koffer schaukelte ominös wie eine fette kröte im gepäcksnetz über ihr. es war noch viel praller als früher, denn sie hatte unterwegs wieder einiges gefunden, das sie garantiert niemals brauchen würde und hatte es automatisch mitgenommen

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sie war auf dem weg nach hause und hatte noch einen grösseren zwischenstopp vor sich. eine gebirgige gegend, die sie sehr gut kannte (sie hatte dort ihre frühe kindheit verbracht). damals, das wusste sie noch, war sie unbeschwert und voller energie gewesen. war ein feines leben gewesen, damals.
doch heute...
sie linste über ihre schulter und betrachtete das dicke, fette monster im gepäcksnetz.
naja. so fein kann das leben ja nicht sein, wenn man einen krötenkoffer schultern muss.
doch das musste ja nicht so bleiben.

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eine krötenkofferbeerdigung? sie stand (gottseidank) allein in ihrem zugabteil und lachte.  man könnte das ding doch einfach dort oben irgendwo in dieser fabelhaft zerklüfteten landschaft verschwinden lassen. ähnlich wie bei einer leiche. schwupps in eine schlucht geschmissen und fertig
der plan war sicher nicht schlecht. ausserdem war es ihr einziger.

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es war sicher nicht ganz so einfach. irgendwann würde ein neuer krötenkoffer neben der eingangstür stehen und darauf warten, dass sie mit ihm auf reisen ging und sie würde es sicher wieder tun, widerwillig und schon bei der abreise voller heimweh. aber beim nächsten mal würde sie sich die  jahrelange suche ersparen. sofort zu dem ort reisen, an dem solche dinge möglich sind, ein wildes land, an das sich ihre wilde seele erinnerte


ansonsten kann man natürlich auch reisen, um zu reisen, aber das ist eine andere geschichte...