08.11.25

der engel des anbrechenden tages

in einem abteil weiter vorn im zug. die vorhänge an der tür sind halb zugezogen, sie flattern im luftzug, das fenster steht offen. jemand liegt auf der bank und sieht hinaus. ein mädchen, ganz allein.

sie trägt eine kurze hippiebluse mit rotem blütenmuster zu dunkelblauen jeans, die an ihren hüftknochen hängt, dunkelblau, retro, mit abgewetztem stoff, auf dem geschliffene bunte glasperlen funkeln wie kleine verirrte sterne, wunderschön wie alles, was sie trägt, zwischen sehr schäbig und sehr glamourös, nicht grad stylish, sondern mehr, niveauvoll auf eine art und weise, die man nicht auf den ersten blick erkennen würde, auf den zweiten blick umso mehr, aber dann kann man ohnehin nicht mehr wegsehen von dieser erscheinung, die elfengleich oder wie einer dieser unfassbar schönen rockstars einfach nur enspannt auf der bank liegt und gleichzeitig so aussieht, als würde sie posieren. bei ihr sieht alles wie pose aus, alles was sie tut, und wenn sie nur beim bäcker baguettes kauft. 

an ihrem hals hängt ein lederband mit einem silbernen blüten-anhänger, der nach flohmarkt aussieht oder nach einem dieser wirklich guten juweliere, die schmuckstücke herstellen, die nach flohmarkt aussehen, und wieder muss man daran denken, wie es ist, einfach so am frühen sonntag morgen über den flohmarkt zu schlendern, mit wenig geld, aber viel zeit, und dem tag beim erwachen zuzusehen. vielleicht danach eine tasse milchkaffee zu trinken, in einem winzigen kaffeehaus, in dem es nach frischen brötchen und kaffee duftet, nachher blumen für die wohnung zu kaufen, die man in den flohmarktvasen überall in den zimmern verteilt.

sie sieht nach all diesen dingen aus, wie gemalt, ein bild aus angenehmen erinnerungen und frischen träumen, wie der tag, der gerade anbricht, kaleidoskopartig bunt, gemustert, durchbrochen von versprengtem sonnenlicht und verwirbeltem zigarettenrauch.


ungewollt wie ein rockstar auszusehen und immer noch wie ein kind zu sein, das hat sie wohl gut drauf und es ist bei ihr echt und nicht gestellt, das sieht man an ihren augen, die wie die eines rehs sind, dunkelbraun und weit offen. klare augen. wie ein waldteich, bei dem man auf den grund sehen kann, ohne trübungen, als wäre alles ganz einfach, was es sicher nicht ist, und sie weiss das, aber es kümmert sie nicht. sie reist in ein unbekanntes land, das sie nicht fürchtet. vielleicht gäbe es einiges, was zu fürchten wäre, aber wie es eben so ist, es kümmert sie nicht. 

sie hat genügend kraft und innere ruhe. 

23.08.25

10.07.25

To me, all creativity is magic. Ideas start out in the empty void of your head - and they end up as a material thing, like a book you can hold in your hand. That is the magical process. It’s an alchemical thing. Yes, we do get the gold out of it but that’s not the most important thing. It’s the work itself.

Alan Moore

01.02.25

Die Angst der Blinden


Im Wirbel
von Tanz
und Traum
- während der zunehmenden Nächte -
bleiben die stolzen Türen
von Kirchen und Kapellen
verschlossen,
die starren Kreuze
verborgen...

Im Schmerz
von Tanz
und Traum
öffnen sich
Kathedralen
- zart,
verwundbar,
wahr -
von gesponnenem,
edlem Metall
und Stein,
zeigen sich
Symbole von
wilder Pracht...

Im Lächeln
von Tanz
und Traum
schreien Blinde
vor verschlossenen Toren,
erfüllt sich langes Sehnen,
heilen wundgeweinte Augen
und Herzen
von edlem Metall
und Stein.
Zart,
verwundbar
und wahr...

12.11.1991

06.01.25

 (…) I am plunging.

I am sinking. I am not coming up for air.


I do not want all this human.


— Clementine von Radics, from Mermaid in “Mouthful Of Forevers”